2026: Salzburger Höhlenflohkrebs

Niphargus salzburgensis

Zahlreiche Tiere besiedeln unser Grundwasser und viele davon sind auch in Höhlen zu finden. Dazu zählen die fast ausschließlich in unterirdischen Gewässern lebenden Höhlenflohkrebse der Gattung Niphargus.

© Erhard Christian

Der Salzburger Höhlenflohkrebs, Niphargus salzburgensis, wurde 1935 erstmals von Schellenberg beschrieben. Erst 2020 zeigten molekulargenetische Untersuchungen, dass es sich um eine eigenständige Art handelt. Da diese Art in zahlreichen Höhlen und Quellen ausschließlich in Österreich nachgewiesen ist, wurde sie zum Höhlentier des Jahres 2026 gewählt. Niphargus salzburgensis steht beispielhaft für die gesamte Gattung Niphargus.

Der Verband Österreichischer Höhlenforschung (VÖH) weist mit dieser Aktion darauf hin, dass gerade bei der Erforschung der unterirdischen Ökosysteme und der darin vorkommenden Organismen noch große Wissenslücken bestehen.

Die Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung (SGH) wählt ebenfalls den Niphargus als Höhlentier des Jahres. In Deutschland wurde dieser bereits 2009 als allererstes Höhlentier des Jahres gekürt, daher bekommt 2026 seine kleine Schwester, der Höhlen-Zwergflohkrebs, Crangonyx subterraneus, die Ehre. Diese Grundwasserart ist in österreichischen Höhlen allerdings noch nicht nachgewiesen.

Augen- und pigmentlos
Höhlenflohkrebse sind wie die meisten Grundwassertiere augen- und pigmentlos. Daher auch der Name „Niphargus“, der so viel wie „glänzend wie Schnee“ bedeutet. Ihr Körper ist seitlich abgeflacht, wodurch sie sich in Seitenlage über den Gewässerboden fortbewegen und auf weichem Sediment eine charakteristische Schleifspur hinterlassen. Mit einer Körperlänge von wenigen bis über 20 mm zählen sie zu den größten Grundwassertieren Mitteleuropas. Höhlenflohkrebse bevorzugen gleichmäßig niedrige Temperaturen, kommen aber auch mit Temperaturschwankungen zurecht. Ihre Nahrung besteht aus kleinen Grundwassertieren und vor allem aus tierischen und pflanzlichen Resten.

Die Männchen von Niphargus salzburgensis sind mit 20 mm etwas größer als die Weibchen mit höchstens 16 mm. Das letzte Paar der Schwanzfüße nahe dem Körperende ist bei den Männchen stärker verlängert. Wie bei Flohkrebsen üblich, besitzen die Weibchen einen Brutbeutel aus Chitinplatten. Dieser liegt bauchseitig zwischen den Hüften und schützt die Eier bis zum Schlüpfen der Jungtiere. Sonst ist über den Salzburger Höhlenflohkrebs, seine Eigenheiten oder sein Verhalten, noch nichts bekannt.

Verbreitung & Verwandtschaft
Höhlenflohkrebse der Gattung Niphargus sind von Spanien und Irland bis in den Iran verbreitet. Im Norden begrenzt der Rand der eiszeitlichen Vergletscherung ihr Vorkommen.

Mit mehr als 450 beschriebenen Arten ist Niphargus die größte Gattung unter den Flohkrebsen, Amphipoda. Niphargus-Arten leben im Grundwasser, nur wenige sind in Oberflächengewässer zurückgekehrt. Auch aus der Tiefe von Alpenseen sind dauerhafte Vorkommen bekannt. Regelmäßig findet man sie im Grundwasser von Lockersedimenten in Höhlen, Stollen, Brunnen und Quellen. Über das Grundwasser gelangen sie auch in die Wasserversorgung, wo sie durch Filter abgefangen werden.

Jahr für Jahr werden neue Niphargus-Arten entdeckt, wobei molekulargenetische Methoden eine entscheidende Rolle spielen. Es ist sehr schwierig, manchmal sogar unmöglich, nah verwandte Arten nur anhand von körperlichen Merkmalen zu unterscheiden.

Aus Österreich sind bisher 20 verschiedene Niphargus-Arten gemeldet, sieben davon wurden ursprünglich anhand von Tieren aus Österreich beschrieben. Die aktuelle Artenliste ist allerdings nicht vertrauenswürdig, da nur wenige dieser Tiergruppen mit modernen Methoden überprüft wurden. Sicher nachgewiesen sind in österreichischen Höhlen drei Arten, die man früher für dieselbe Art gehalten hat – nämlich jene, die schon 1888 aus einem Brunnen in der Hohen Tatra beschrieben wurde: Niphargus tatrensis.

Moogs Höhlenflohkrebs, Niphargus moogi, wurde im Jahr 2000 aus dem unterirdischen Römersteinbruch bei Aflenz an der Sulm in der Südsteiermark beschrieben.

Der Lurgrotten-Höhlenflohkrebs, Niphargus lurensis, ist aus Höhlen des Grazer Berglandes und aus Brunnen im Nordosten Sloweniens bekannt.

Das größte Verbreitungsgebiet der drei eng verwandten Arten hat unser Höhlentier des Jahres 2026, der Salzburger Höhlenflohkrebs, Niphargus salzburgensis. Es erstreckt sich entlang der Nördlichen Kalkalpen in einem breiten, 200 km langen Streifen vom Hagengebirge in Salzburg bis in die Gutensteiner Alpen Niederösterreichs. Dies ist bemerkenswert, da eine derartige Ausdehnung der Verbreitung bei Niphargus-Arten sehr selten ist.

Gefährdung & Schutz
Die größte Gefahr in Österreich stellt das Unwissen über diese Tiergruppe dar. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, den Lebensraum Höhle und dessen Schutz in den Fokus zu rücken. Ein ausgedehntes Monitoring würde dazu beitragen, das Wissen über die Biodiversität in unseren Höhlen und unterirdischen Gewässern zu verbessern und die Vielfalt zu bewahren.

Höhlentiere des Jahres
Österreich: www.hoehle.org/hoehlentier
Deutschland: https://hoehlentier.de/
Schweiz: https://cavernicola.ch/

 

Text: Katharina Bürger & Erhard Christian

Ernenner: Verband Österreichischer Höhlenforschung (VÖH): www.hoehle.org

 Bilder: Alle Bilder auf dieser Seite dürfen für Pressezwecke in Zusammenhang mit Berichten über die Natur-des-Jahres-Themen unter Angabe der Bildquelle verwendet werden. Wir bitten Sie um ein Belegexemplar.

 

 

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