Die Fransen-Nabelflechte ist ein leicht kenntlicher Bewohner an Silikatfelsen vor allem höherer Lagen. Ihr annähernd rundlicher Thallus ist nur an einer Stelle am Untergrund befestigt und am Rand meist mit schwarzen Wimpern gesäumt. Auffällig sind die gerillten Apothecien.
Aussehen
Das graue bis weißlich-graue Lager besteht in der Jugend aus einem annähernd rundlichen, gewellt verbogenen Lappen, der zentral am Felsen angehaftet ist. Später gliedert sich der Thallus in rosettenförmig angeordnete Läppchen auf und kann bis zu 5 cm, in Ausnahmefällen auch 10 cm Durchmesser erreichen. Randlich ist er meist mit starren, verzweigten, schwarzen Borsten besetzt, die hellbraune bis blassrosafarbene Unterseite weist gelegentlich Rhizinen (wurzelähnliche Gebilde) auf. Auf der Thallusoberseite finden sich häufig mit einer verengten Basis aufsitzende, schwarze Apothecien (Fruchtkörper), deren Scheibe eine charakteristische Rillung aus konzentrischen Kreisen aufweist. Die Sporen sind einzellig und farblos. Der photosynthetisch aktive Partner in der Flechte ist eine einzellige Grünalge.
Ähnliche Arten
Von allen anderen Arten der Gattung Umbilicaria, die sämtlich an Silikatfelsen siedeln, ist die Fransen-Nabelflechte durch die randlichen schwarzen Borsten unterschieden. Diese können allerdings auch spärlich entwickelt sein oder fast ganz fehlen. Daher sollten bei der Bestimmung stets mehrere, unterschiedlich alte Exemplare untersucht werden. Morphologisch ähnlich aber ohne Borstenbesatz und mit eingesenkten Fruchtkörpern (Perithecien) ist die Gewöhnliche Lederflechte (Dermatocarpon miniatum), die an Kalkfelsen siedelt. Die Varietäten "fimbriata" mit reichem Besatz von dunklen, allseitig ausgebreiteten Borsten und "denticulata" mit dem Thallus gleichfarbigen und in derselben Ebene liegenden Borsten sind von zweifelhaftem taxonomischen Wert.
Ökologie
Die Fransen-Nabelflechte siedelt direkt auf nacktem, kalkfreiem Silikatfels, vorzugsweise an schrägen bis senkrechten Partien von Felsen, an gut belichteten Standorten. Sie kommt hauptsächlich in hochmontanen bis alpinen Lagen vor. Vorkommen an Sekundärstandorten wie Mauern oder Grabsteinen sind selten.
Verbreitung und Gefährdung
Umbilicaria cylindrica ist in Europa, Asien, beiden Amerika und Australien verbreitet. In Europa zeigt sie eine hochmontan-alpin-arktische Verbreitung mit einer Präferenz der Alpen und der nordischen Länder, kommt aber bis in die Gebirge Süditaliens vor. In den Schweizer und Österreichischen Alpen sowie den Vogesen und dem Schwarzwald ist sie verbreitet, in den übrigen Mittelgebirgen selten und in Norddeutschland klingt sie aus. In Deutschland fehlt die Art in den nördlichen Bundesländern, insgesamt wird sie als "gefährdet" eingestuft. In Österreich gilt sie nicht als gefährdet und in der Schweiz ist sie sicher auch nicht gefährdet (wobei für die Schweiz gesteinsbewohnende Arten nicht in der Roten Liste behandelt sind).
Biologie
Wie andere Bewohner besonnter Felsen muss die Fransen-Nabelflechte mit extremen Bedingungen zurechtkommen. Da Flechten keinen Verdunstungsschutz besitzen, trocknen sie in der Sonne völlig aus und verfallen in einen inaktiven Ruhezustand, in dem sie nötigenfalls monatelang überleben können. Besondere Inhaltsstoffe schützen die Proteine vor Denaturierung und nach dem Wiederbefeuchten kommen rasch Reparaturmechanismen an der DNA in Gang. Vor zu starker UV-Einstrahlung schützt sie eine leichte Bereifung.
Die Art verbreitet sich durch Ascosporen, die bei der Fransen-Nabelflechte etwa 0,01 mm groß sind und dank ihrer Kleinheit über weite Distanzen transportiert werden können. Asexuelle Verbreitung ist bei der Art nicht bekannt
Parasiten und Medizin
Umbilicaria cylindrica ist die Wirtsflechte weniger flechtenbewohnender Pilze, die alle auf Wirte der Gattung Umbilicaria beschränkt sind: Neben Arthonia rufidula, Clypeococcum grossum und Stigmidium gyrophorarum beherbergt sie noch je eine unbeschriebene Endococcus- und Polycoccum-Art. Über eine medizinische Nutzung ist uns nichts bekannt, obwohl neuerdings nachgewiesen wurde, dass die Art antioxidative und antimikrobielle Inhaltsstoffe besitzt. Bei geeigneter Zubereitung sollen Arten der Gattung essbar sein und wurden wohl in Notsituationen verspeist. Eine verwandte Art, Umbilicaria esculenta, aus Ostasien wird in der traditionellen chinesischen Medizin genutzt und in Japan, China und Korea gegessen.