Die Frage der Energieversorgung und der Energiesicherheit ist vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen dringender als je zuvor.
Seit Februar 2022 hält der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine die ganze Welt in Atem. Aufgrund einer politisch gewachsenen, vergleichsweise großen Abhängigkeit Österreichs von Gasimporten aus Russland (man bezieht derzeit rund 80 % des Bedarfs aus Russland) wird nun fieberhaft nach Alternativen gesucht.
Zudem dominiert seit vielen Jahren auch die Klimakrise, besser wohl Klimakatastrophe, unser gegenwärtiges Leben. Außerdem benötigen alle konsumierten Waren zu ihrer Erzeugung neben Energie zahlreiche Rohstoffe, werden irgendwo auf der Welt erzeugt und anschließend zum jeweiligen Verkaufsort transportiert und erfordern die Arbeitskraft vieler Menschen die oft wenig fair und nicht nachhaltig entlohnt wird.
In diesem Artikel wollen wir praktische Möglichkeiten aufzeigen, wie jeder seinen Lebensstil anpassen kann um weniger Ressourcen sowie weniger Energie zu verbrauchen. Dabei soll nicht nur von Verzicht die Rede sein, sondern vielmehr das Sammeln von Angeboten und Hinweisen, wie durch eine nachhaltige Lebensweise das eigene Leben unabhängiger, einfacher und lustvoller gestaltet werden kann.
UNSER KONSUMVERHALTEN
beeinflusst bekanntlich neben unserem Mobilitätsverhalten und unserer Ernährung unseren ökologischen Fußabdruck ganz besonders.
Dabei sind wir als mündige Erwachsene ganz besonders gefordert. Viele der angesprochen Auswege führen auch zu höheren Ausgaben für ökologisch nachhaltig und fair erzeugte Waren. Mit geringem Einkommen ist es weniger einfach solche Alternativen zu nutzen. Daran sieht man gut, das viele Sachthemen starke wechselseitige Abhängigkeiten haben und die Verbesserung ökologischer Fragen untrennbar mit der Verbesserung sozialer Ungleichheiten zusammenhängt. Daher ist ein dauerhafter Dialog aller Parteien, Gruppen, Initiaven, Nichtregierungsorganisationen, Vereine und Privatpersonen mit entsprechender Expertise notwendig um möglichst viele Auswege aus der gegenwärtigen überwiegend durch die Menschen selbst verursachten Misere umzusetzen.
Um grundsätzlichen Verbesserungen (Systemwandel) zum Wohle aller Organismen, dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen getragen von mehr Kooperation und Fairness zum Durchbruch zu verhelfen finden sich umfassende Zusammenschauen dieser Ideen im Rahmen der Postwachstumsökonomie (Näheres findest Du beispielsweise hier).
Grob einteilen können wir es nach
· Art & Anzahl unserer Fahrzeuge
· Ausstattung unseres Haushalts
· Austattung unseres Haushalts mit Unterhaltungselektronik und IT
· unserem Papierverbrauch
· Menge und Verbrauch von Bekleidung
· Konsumverhalten im Alltag (Waschmittel, Tonträger, Kino, Kosmetika, Spielwaren, Friseur, ...)
· unseren Hobbies
· unseren Urlauben & Reisen sowie
· Art & Anzahl von Haustieren.
Auch hier ist wieder die Verwendung des ökologischen Fußabdruckrechners sehr zu empfehlen.
Zudem kann sich jeder im Hinblick auf seine Lebensgewohnheiten hinterfragen.
Art und Anzahl unserer Fahrzeuge
Es ist offensichtlich, dass zwischen der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Fuß- und Radwegen oder dem Besitz von einem oder mehreren Autos ein großer Unterschied liegt. Der Naturschutzbund Salzburg arbeitet seit vielen Jahren daran mit gemeinsam mit anderen Gruppen das öffentliche Verkehrsnetz auszubauen und zu attraktivieren. Aktuell betrachten wir etwa den Bau des Bahntunnels im Raum Köstendorf um Milliarden bzw. den Ausbau der Mönchsberggarage um geschätzt 40 Millionen € kritisch. Stattdessen könnten die selben Beträge zum starken Ausbau von Taktung und Linienanzahl von Bus- und Bahnverbindungen weit besser genutzt werden. Durch ein flächendeckendes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln sinken der Energieverbrauch pro Kopf, die emittierten Treibhausgase sowie die Unfallgefahren. Zudem fällt ein immenser Anteil momentan nur zum Abstellen von Autos meist dauerhaft versigelten Bodens weg. Zudem kann dadurch viel eher bisherige Parkfläche wieder aufgebrochen und zur Wiederanpflanzung von Bäumen genutzt werden, was im Hinblick auf die in Städten zusätzlich erhöhten Temperaturen im Sommer immer wichtiger wird.
Baulich getrennte Radwege, Servicestellen für Reparaturen, überdachte Radständer und Radleihsysteme in Städten und großen Gemeinden sind ebenfalls notwendig um den Anteil von Radfahrern deutlich zu erhöhen. Andere europäische Städte (Kopenhagen, Amsterdam, Barcelona uvwm.) zeigen hier vor was mit (politischem) Gestaltungswillen möglich ist.
Ausstattung unserer Haushalte
Möbel aus regionaler Produktion sind meist von hoher Qualität und für eine Lebensdauer gemacht. Am anderen Ende des Spektrums stehen Verführungen der Werbebranche Möbel "saisonal" wie andere Waren häufig und wiederholt zu tauschen. Die Rohstoffe dafür stammen allerdings meist aus fragwürdiger Herkunft. Faire Löhne entlang der Produktionskette sind dabei auch nicht zu erwarten.
Hochwertige, auch teure, sehr gut haltbare und verarbeitete Möbel bieten etwa Grüne Erde und die Waldviertler Schuhwerkstätten.
Unterhaltungselektronik und IT
Dieser Bereich ist ein fast unüberschaubares Themenfeld.
Viele Geräte benötigen auch im "Leerlauf" (Stand-by-Modus) Strom - das lässt sich durch Steckerleisten mit Ein-/Ausschalter unterbinden. Höherwertige Geräte haben meist eine längere Lebensdauer und die Hersteller lagern Ersatzteile dafür länger. Ist ein Ersatzteil nicht erhältlich können kleine "Bastelläden" helfen einen oft als "Sollbruchstelle" (um rasch wieder ein neues Gerät verkaufen zu können) in ein Produkt eingebauten Defekt zu beheben. Auch sogenannte "Repair"-Cafes können hier Abhilfe schaffen wo talentierte Bastler meist unentgeltlich reparieren was noch reparierbar ist. Schließlich benötigen viele elektronische Geräte häufig seltene Erden, die meist unter fragwürdigen Bedingungen erzeugt werden.
Geräte die vollständig zerlegt und somit einfach(er) wieder verwertet werden können und entlang der Herstellerkette faire Preise liefern sind gegenteiligen gegenüber klar im Vorteil (siehe etwa Fairphones).
Papierverbrauch
Der Umgang mit Büchern und Zeitungen ist für viele Menschen vor allem eine haptische Frage - viele Leser schätzen es ein Buch oder eine Zeitung gedruckt auf Papier in Händen zu halten. Für alle anderen sind die digitalen Auftritte von Printmedien zeitgemäße Alternativen und empfehlen sich sogenannte "Reader" um darauf immer wieder neue Bücher digital lesen zu können. Sehr zu empfehlen sind öffentliche Büchersammel-/Leihstationen wo man ausgelesene Bücher hinterlegen und andere gebrauchte kostenlos mitnehmen kann. Leider ist vor allem das Ausmaß an Printwerbung horrend - hier wären mutige Gesetzgeber gefragt das Ausmaß oft auch mit umweltschädlichen Farben bedruckten Flugblätter etc. zu beschränken.
Menge und Verbrauch von Kleidung
Die globale Modeindustrie verursacht eine Vielzahl an Folgeproblemen, beginnend beim immensen Pestizideinsatz und Wasserbedarf für Baumwollanbau, über die Transportwege bis zur Fertigstellung eines Kleidungsstücks, über oft katatastrophale Arbeitsbedingungen und Löhne vieler NäherInnen bis hin zur Erhöhung des Anteils von Mikroplastik aus der Erzeugung sogenannter 'Funktionskleidung'.
Hier spielen mündiges Konsumverhalten und Suche nach Alternative eine besonders große Rolle:
Statt dem Kauf vieler Kleidungsstücke zum möglichst günstigen Preis kann man sich für den Kauf weniger, höherpreisiger, aber qualitativ länger haltbarer Kleidung entscheiden.
Hilfreich ist es sich dabei an Siegeln wie dem GOTS (Global organic textile standard) zu orientieren. Weiterführende Informationen und Hinweise zu nachhaltigen Anbietern liefert vor allem auch die Clean Clothes Campagain (CCC).
Es entstehen zunehmend mehr Kooperativen die nachhaltig und ökologisch verträglich Kleidung erzeugen und vertreiben. Natürlich sind deren Preise durch die nachhaltige Produktionsweise teurer. Einige dieser Anbieter seien beispielgebend genannt: Hess Natur, Anukoo, Erdbär oder Anzüglich.
Sinnvoll ist auch der Kauf wenig getragener Gebrauchtkleidung in Second Hand Shops oder der Besuch oder die Durchführung von Kleidertauschparties um wenig Getragenem eine weitere Verwendung zu ermöglichen.
Konsumverhalten im Alltag - Hobbies - Urlaube und Reisen - Haustiere
Auch diese Fragen muss jeder für sich selbst beantworten aber in vielerlei Hinsicht ist auch dabei oft "weniger mehr".
Vorne weg darf darauf hingewiesen werde, dass viele Studien weltweit seit Jahren immer wieder belegen, dass das subjektiv empfundene Glück und die Zufriedenheit nach Abdeckung unserer materiellen Grundbedürnisse und etwas Einkommen darüber hinaus nicht mehr zunehmen. Das belegt deutlich dass mehr Konsum leider oft Negativfolgen für Natur und Umwelt verursacht, das individuelle Wohlbefinden aber nicht signifikant steigert.
Nicht konsumieren, wieder verwerten, tauschen und leihen sollen bei diesen Fragen Hilfestellung leisten.
Man kann sich fragen, ob man etwas wirklich benötigt oder ob ein Kauf vielleicht nur eine Ersatzhandlung ist. Mit etwas handwerklichem Geschick lassen sich oft aus gebrauchten Gegenständen neue basteln und so Gebrauchtem neues Leben einhauchen. Viele Dinge können bei Tauschbörsen, über digitale Verkaufsplattformen, bei Flohmärkten etc. zur Weiterverwendung abgeben werden. Außerdem macht es bei zahlreichen Gegenständen Sinn diese zu leihen:
warum eine Bohrmaschine in einer Wohnung besitzen, wenn man diese nur wenige Male im Jahr verwendet und diese auch von einem Nachbarn ausleihen kann? Warum ein Auto besitzen, wenn man die meisten seiner Wege per Öffi, Rad und zu Fuß erledigen kann und dieses nicht einfach zur Transport eines neuen Haushaltsgerätes für wenige Stunden mieten.
Auf diese Weise lassen sich einfach Geld und Ressourcen sparen.
Zum Thema Reisen wurde hier schon geschrieben. Allgemein ist zu überlegen ob nicht weniger lange Reisen mehr Erholungswert bringen und zudem die Umwelt entlasten, wenn man als Teil einer Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (an-)reist, einen längeren Radurlaub bucht oder weit wandert. Natürlich kann ein tropisches Ziel im Rahmen des normalen Urlaubsanspruchs nur per Flugzeug erreicht werden, aber auch hierbei gibt es unterschiedliche Herangehensweisen:
die selben - weit entfernten Ziele - verursachen ein Vielfaches an emittierten Treibhausgasen in Form einer jährlichen zweiwöchigen Fernreise oder als Teil eines Sabbaticals über einen längeren Zeitraum am Stück. Dabei können viele Strecken wiederum durch Nutzung von Öffentlichen Verkehrsmitteln statt Flugzeugen zurückgelegt werden und man hat den Vorteil sich auf alle Aspekte rund um das Reisen besser einlassen zu können.
Und auch zur Haltung und Liebe zu Haustieren aller Art sind schwer allgemeine Empfehlungen auszusprechen. Allerdings stehen rund einer Milliarde weltweit lebender Katzen und etwa sechshundert Millionen Hunden in Nahrungskonkurrenz zu vielen hundert Millionen hungernden Menschen. Auch die Entscheidung für ein Haustier etwa bei beengten Wohnverhältnissen ist zu hinterfragen. Oft findet sich stattdessen in der Nähe eine Person die einen Hund hält, aber zu Fuß nicht mehr so gut unterwegs ist und wo sich alle Beteiligten freuen, wenn man anbietet manches Mal mit diesem Tier spazieren zu gehen.
Schließlich sollte Abstand genommen werden Tiere fraglicher Herkunkt im Zoohandel zu kaufen und immer gut überlegt werden ob man mit einem Tier in seiner Obhut auch langfristig gut und zum Wohl von Tier und Besitzer zurecht kommt. Viel zu oft werden Tiere als Folge fehlender Weitsicht später ausgesetzt. Das erschwert die ohnehin schwierigen Arbeitsbedingungen von Tierheimen und Gnadenhöfen und kann bei Arten die mit den hieisigen Umweltbedingen zurecht kommen zu weiteren Negativfolgen auf wild lebende Arten durch direkte Konkurrenz führen.
Salzburg, 25/8/2022