2019: Besenheide

(Calluna vulgaris)

© H. Timmann

Die Besenheide wurde vom Naturschutzbund zur Blume des Jahres 2019 für Österreich gewählt. Bereits vor fünftausend Jahren beeinflusste der Mensch die Landschaft nachhaltig. Große Waldbrände verschafften den Bauern der Steinzeit kostbares und seltenes Weideland für ihre Kühe und Schafe. Gleichzeitig erhielten verschiedene Heidepflanzen, wie auch die Besenheide, durch das Feuer einen perfekten Nährboden zum Wachsen. Um den Waldwuchs in der Heidelandschaft immer wieder zurückzudrängen, ließ man das Vieh das ganze Jahr über weiden oder entfachte kleine kontrollierte Heidebrände, die die Landschaft verjüngten. So entstand eine ökologisch ausgewogene Landwirtschaft, bei der die Bauern den mageren, sauren Heideboden zwar nicht ackerbaulich nutzen konnten, dafür aber auf Viehhaltung setzten.

In vielen Teilen West- und Mitteleuropas bildete sich so allmählich ein baumloses, meist braun gefärbtes Land, das aber jedes Jahr im Sommer durch die blühende Besenheide in violetten Farbtönen erstrahlt. Im Laufe von Jahrtausenden erreichte diese Kulturlandschaft um 1800 ihre größte Ausdehnung. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden auch Truppenübungsplätze durch die intensive militärische Nutzung zu großflächigen Heidegebieten. Heute existieren nur noch einige Relikte. Nur wenige Bauern in Europa wirtschaften noch in der traditionellen Weise. Kunstdünger, industrialisierte Landwirtschaft und die damit steigende Produktivität machten Heidebauern konkurrenzschwach. Zudem wurde die intensive Nutzung zahlreicher militärisch genutzter Heidegebiete eingestellt. In Folge dessen entwickelte sich vielerorts wieder Wald.

Gefährdung
Die ursprünglichen Heidegebiete, in denen sich die Art einst so stark verbreitet hat, sind in Europa seit 1850 um mehr als 80% zurückgegangen. Von der Existenz dieser Landschaftsform sind außer der Blume des Jahres zahlreiche andere Pflanzen- und Tierarten abhängig. Viele dieser heidetypischen Arten stehen auf den Roten Listen. Durch den Schutz und den Erhalt der verbliebenen Restbestände der Heidelandschaften können wir ein Aussterben der vielen angepassten Arten verhindern und so unser Kulturerbe auch für die Folgegenerationen bewahren. Auch Hochmoore spielen für das Überleben der Besenheide und vieler mit ihr korrespondierenden Arten eine wichtige Rolle. 

Die Besenheide als Blume des Jahres 2019 setzt ein Zeichen für den Teil unseres gemeinsamen europäischen Kulturerbes, den einst die Heidebauern geformt haben. Gleichzeitig wirbt der Naturschutzbund für den Schutz der Besenheide an ihren anderen Wuchsorten: An Waldrändern, in Sandgruben, in Hochmooren, auf älteren Brachen und selbst an Straßenrändern kommt die Besenheide vor. Ihre Zukunft hängt davon ab, dass wir auch diese Lebensräume pflegen und erhalten.

Name
Der deutsche Name "Besenheide" leitet sich von der früheren Verwendung ihrer Zweige für die Besenherstellung ab. Auch der botanische Name "Calluna" bezieht sich darauf, denn er ist eine Ableitung des griechischen Worts "kalynein", das so viel bedeutet wie "schön machen" oder "reinigen". Das Wort "Heide" ist übrigens aus dem Germanischen abgeleitet. Man bezeichnete damit unbebautes Land, das "Kalt" genannt wurde. Dieses Wort entwickelte sich im Althochdeutschen zu "Heida" und schließlich zu "Heide". Die Gattung Erica wird im Volksmund ebenfalls als Heide oder Heidekraut bezeichnet. Der Name bezieht sich im Griechischen auf "Ereike", eine im Mittelmeergebiet heimische Baum-Heide.

Beschreibung

© Roman Türk
Calluna vulgaris ist ein immergrüner, verholzender Zwergstrauch. Er gehört in der Ordnung der Heidekrautartigen (Ericales) zur Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae) und zur Gattung "Besenheide". In dieser monotypischen Gattung ist Calluna vulgaris die einzige Pflanzenart. Viele kennen die Besenheide, die im Übrigen bis zu 40 Jahre alt werden kann, als einen knöchelhohen Strauch. Bei ungestörter Entwicklung kann die Pflanze aber tatsächlich bis zu 100 cm hoch wachsen. An die äußerst mageren und trockenen Böden ist die Art als Tiefwurzler besonders gut angepasst. Außerdem verhilft eine spezielle Symbiose mit einem Pilz (die sog. Mykorrhiza) der Besenheide zu ausreichend Wasser und Nährstoffen.

Zudem gibt es noch eine weitere interessante Anpassung, mit der sich die Pflanze vor zu viel Verdunstung schützt: Ihre Spaltöffnungen (Poren, über die eine Pflanze Sauerstoff und Wasser abgibt und Kohlenstoffdioxid aufnimmt) befinden sich ausschließlich auf der Blattunterseite und sind zusätzlich von Haaren geschützt.

Die Besenheide wird im vierten Lebensjahr blühreif und blüht dann in der Regel von August bis Ende September. Die nickenden, zwittrigen und vierzähligen Blüten stehen dann in einem dichten, traubigen Blütenstand zusammen. Die jeweils vier Kron- und Kelchblätter sind gleich gefärbt; letztere sind doppelt so lang wie die eher unscheinbare Krone. Es sind acht Staubblätter vorhanden. Die Staubbeutel besitzen jeweils zwei hornartige Anhängsel. Um den Pollen zu entlassen, öffnen sie sich mittels endständiger Poren. Ihre vielsamigen Kapselfrüchte werden schließlich mit dem Wind ausgebreitet.

Calluna vulgaris unterscheidet sich von den verwandten und teilweise recht ähnlichen Erica-Arten durch ihre schuppenförmig an den Ästchen anliegenden und nach oben eingerollten, ledrigen  und gegenständigen Blätter, die nur wenige Millimeter lang sind.

Ökologie
Die Besenheide ist bei uns in der zentralen Heideregion die typischste Pflanze und prägt mit ihrer violetten (auch manchmal weißen) Blüte maßgeblich den sommerlichen Augenschmaus der alljährlichen Heideblüte. Auch bei bestäubenden Insekten wie der Honigbiene sind die Blüten der Besenheide beliebt. Zahlreichen Schmetterlingsarten und deren Raupen dient sie als Futterpflanze. Wenn der Insektenbesuch unterbleibt, verlängern sich ihre Staubfäden und der Pollen wird mit dem Wind übertragen. 

Von März bis April des Folgejahres (der Blüte) werden die Kapselfrüchte der Besenheide reif. Die winzigen, nur 1,5 mm langen, aber trotzdem langlebigen Samen werden schließlich vom Wind ausgeschüttelt und breiten sich als Körnchenflieger aus. Die Samen sind Lichtkeimer. Die Keimung wird durch kleine Brände, die kontrolliert von Fachkundigen durchgeführt werden sollten, besonders gefördert.

Verbreitung
Natürlich verbreitet ist die Besenheide in ganz Europa - schwerpunktmäßig in Mittel- und Nordeuropa. Im Osten kommt sie bis Westsibirien vor. Besonders häufig ist Calluna vulgaris in eiszeitlich geprägten Gebieten. In Nordamerika gilt die Art als Neophyt. Schottische Einwanderer führten die Besenheide im 19. Jahrhundert nach Kanada ein. Seitdem breitet sie sich auf dem Kontinent aus.

Standort
Die Besenheide gilt als Säurezeiger. Sie kommt auf sonnigen bis lichten Standorten, vornehmlich auf kalkfreien Sanden vor. Sie wächst bevorzugt auf trockenen, aber auch auf wechselfeuchten Böden beispielsweise in entsprechenden Bereichen von Hochmooren. Lebensräume der Besenheide sind Heiden, Moore, Dünen und lichte Wälder. Äußerst interessant sind Vorkommen der Besenheide und ihrer Begleitarten außerhalb von Schutzgebieten, denn sie weisen auf eine andauernde Magerkeit des Standortes hin. Nur auf langfristig stabilen, sauren und mageren Böden kann sich die Art etablieren und überdauern.

Verwendung
Die Besenheide wird in der Imkerei für Ihren zuckerreichen Nektar geschätzt. Der von den Honigbienen aus dem Nektar gewonnene Heidehonig zeichnet sich durch eine gallertartige Konsistenz und ein kräftiges Aroma aus.

Außerdem wird Calluna vulgaris in der traditionellen Medizin als Heilpflanze verwendet. Hervorzuheben ist die blutreinigende, entzündungshemmende und harntreibende Wirkung der Blüten und der blühenden Krautspitzen. Die Pflanze wird unter anderem als Bestandteil von Rezepten bei Arterienverkalkung, Blasenentzündung, Blasen- und Nierensteinen, Diabetes, Ekzemen, Gicht, Regelschmerzen, Rheuma und Schlaflosigkeit verwendet.

Noch heute werden Firste von reetgedeckten Dächern mit Besenheide verkleidet. Aufgrund der sehr langen Haltbarkeit im Außenbereich wird sie mancherorts auch zu Sicht-, Wind- und Lärmschutzelementen zusammengebunden. Besenheide trotzt allen Witterungsverhältnissen und bleibt daher über lange Jahre beständig.
 
Gefährdung und Schutzmaßnahmen
Die Besenheide gilt nicht als bedroht. Heideflächen gehören bei uns zu den pflegeabhängigen Kulturlandschaften. Das bedeutet die Sukzession (Verbuschung) wird durch regelmäßige, intensive Pflegemaßnahmen verhindert. Was damals Bauern durch kontrolliertes Abbrennen der Heide geschafft haben, wird heutzutage durch händisches Entbuschen sowie durch eine angepasste Beweidung erreicht. Da solche Pflegemaßnahmen hauptsächlich in Naturschutzgebieten durchgeführt werden, überdauern dort die größten Bestände der Blume des Jahres 2019. Außerhalb der Schutzgebiete sind große Vorkommen der Besenheide eine Seltenheit und werden voraussichtlich noch weiter zurückgehen.

Die Blume des Jahres für Österreich wird vom Naturschutzbund Österreich ernannt. 2019 schließt er sich mit der Wahl der  Besenheide (Calluna vulgaris) wieder der Wahl der Loki-Schmidt-Stiftung in Deutschland an.
 

Helfen auch Sie mit

Unsere Naturschutzarbeit ist vielfältig: Wir kaufen wertvolle Lebensräume frei, säubern Bäche von Müll, bewahren bunte Blumenwiesen vor dem Verschwinden, bringen Nisthilfen an, führen Nachzuchtprogramme für Edelkrebse oder "Urforelle" durch, untersuchen das Vorkommen von Wildkatze, Luchs & Co, u.v.a.m. Als gemeinnütziger Verein ist der Naturschutzbund Österreich auf die Hilfe von umweltbewussten Menschen angewiesen, um weiterhin für die Erhaltung seltener Arten und deren Lebensräume zu kämpfen.

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