Mit der Ernennung des Gewöhnlichen Teufelsabbisses zur Blume des Jahres 2015 für Österreich will der | naturschutzbund | diese attraktive, blau blühende Wiesenblume und ihren bedrohten Lebensraum in den Blickpunkt der Öffentlichkeit bringen. Der | naturschutzbund | schließt sich damit der Wahl der Loki Schmidt Stiftung an, die die Blume des Jahres für Deutschland ernennt.
Succisa pratensis steht stellvertretend für Arten magerer und offener Feuchtwiesen, Moore und Heiden. Magere Offenlandschaften stellen auch wichtige Lebensräume für andere schützenswerte Pflanzenarten wie die Sumpf-Stendelwurz, das Breitblättrige Knabenkraut, das Sumpf-Herzblatt sowie zahlreiche Insekten- und Vogelarten dar.
Succisa pratensis hat als wichtige Raupennahrungs- und Nektarpflanze in diesem Lebensraum eine hohe Bedeutung für Insekten. Zu den Blütenbesuchern und Bestäubern gehören verschiedene Bienen- und Zweiflüglerarten sowie Tag- und Nachtfalter, die mit dem energiereichen Nektar und Pollen der Pflanze belohnt werden. Auf Feuchtgrünland dient der Gewöhnliche Teufelsabbiss den Raupen des Goldenen Scheckenfalters, einem europaweit geschützten und äußerst bedrohten Tagfalter, als wichtigste Raupennahrungspflanze. In Österreich gilt der Gewöhnliche Teufelsabbiss als „gefährdet“. Hauptursache für den Rückgang des Teufelsabbisses ist der Verlust seines Lebensraums. Magere Offenlandschaften sind in der Kulturlandschaft vielerorts verschwunden. Meist wurden sie in Wirtschaftsgrünland und Äcker umgewandelt. Infolge vermehrter Nährstoffeinträge, beispielsweise durch Düngung sowie die Entwässerung der Flächen, nimmt in vielen Regionen zudem die Eignung des Lebensraums für Arten wie den Gewöhnlichen Teufelsabbiss ab. Auch die Nutzungsaufgabe und anschließende Verbuschung der Flächen stellen für Offenlandarten eine Bedrohung dar. Diese kann meist nur durch eine Wiesen- und Weidenutzung verhindert werden.
Name
Der Gewöhnliche Teufelsabbiss wird auch Abbiss, Teufelswurz oder einfach Teufelsabbiss genannt. Der botanische Gattungsname Succisa leitet sich vom Lateinischen „succisus“ ab, das „unten abgeschnitten“ bedeutet. Sowohl der deutsche als auch der lateinische Name sind auf die besondere Gestalt des unterirdischen Sprossachsensystems (das Rhizom) zurückzuführen. Da dieses im Herbst von unten abstirbt, sieht es wie „abgebissen“ aus. Nach einer Sage soll der Teufel aus Zorn über die Heilkraft der Pflanze das Rhizom abgebissen haben. Der Artname pratensis deutet darauf hin, dass die Pflanze auf Wiesen vorkommt.
Beschreibung
Der Gewöhnliche Teufelsabbiss ist eine mehrjährige Staudenpflanze aus der Familie der Geißblattgewächse und der Unterfamilie der Kardengewächse (Dipsacoideae). Er erreicht eine Wuchshöhe von 20 - 100 cm. Seine Sprossachse ist im oberen Teil verzweigt und behaart. Die untere Stängelhälfte ist hingegen kahl und unverzweigt. Seine grundständigen Rosettenblätter sind gestielt, ganzrandig und lanzettlich bis elliptisch geformt. An der oberen Sprossachse wachsen gegenständige, sitzende und ungeteilte Blätter.
Succisa pratensis kann entweder rein weibliche Blüten oder zwittrige Blüten ausbilden. Zwischen Juli und September stehen in kleinen endständigen, kugligen (anfangs halbkugligen), 2 - 3 cm großen Körbchen, 50 - 80 Blüten zusammen. Diese sind meist hellblau, violett oder selten auch rosa gefärbt. Die 4-spaltige Blütenkrone wird von zweireihigen Hüllblättern gestützt und ist etwa 4 - 7 mm lang. Aus den kleinen Blüten ragen jeweils zwei verwachsene, lange Griffel und bei zwittrigen Blüten zusätzlich vier Staubblätter heraus. Jede einzelne Blüte ist von kurzen, eiförmigen Spreublättern umgeben. Der vom Gewöhnlichen Teufelsabbiss gebildete Nektar wird durch einen kleinen Haarkranz, die sogenannte Saftdecke, geschützt. Die Bestäubung erfolgt durch Bienen, Falter und diverse Zweiflügler (siehe „Ökologische Funktion“). Die 5 - 7 mm langen Früchte kommen ab August zur Fruchtreife und werden durch den Druck der Spreublätter emporgehoben. Der Kelch verbleibt dabei an der Frucht. Ausgebreitet werden die Früchte durch Windbewegungen oder durch vorbeistreifende Tiere. Das Rhizom des Gewöhnlichen Teufelsabbisses wird bis zu 50 cm tief und stirbt im Herbst von unten ab (siehe „Name“). Durch sein unterirdisches Sprossachsensystem bildet die Art häufig große Bestände aus.
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet des Gewöhnlichen Teufelsabbisses umfasst West- und Mitteleuropa, den westlichen Teil von Asien sowie Nordafrika. Im östlichen Nordamerika kommt er als Neophyt vor.
Standort
Der Gewöhnliche Teufelsabbiss gilt als Indikatorart für ausgesprochen magere, feuchte sowie mäßigwarme Offenlebensräume wie beispielsweise magere Feuchtwiesen, Moorgebiete, Heidelandschaften, Uferzonen sowie Graben und Wegränder des Feuchtgrünlands. Zudem wächst Succisa pratensis vereinzelt auch in der Krautschicht lichter sowie feuchter Waldstandorte und kommt in Höhenlagen von bis zu 1.100 Metern vor.
Ökologische Funktion
Der Gewöhnliche Teufelsabbiss dient vielen Blütenbesuchern wie Bienen und Schwebfliegen im Spätsommer als wichtige Nektarpflanze. Auch verschiedene Tagfalterarten ernähren sich von seinem Nektar. Dazu gehören der Lungenenzian-Ameisenbläuling, der Braunfleckige Perlmutterfalter, das Sechsfleck-Widderchen, das vom Aussterben bedrohte Feuchtwiesen-Widderchen, das stark gefährdete Blaukernauge sowie das noch häufig vorkommende Große Ochsenauge. Zudem dient Succisa pratensis einigen Insektenarten als Raupennahrungspflanze. Die Raupen der Nachtfalterart Gamma-Eule ernähren sich unter anderem vom Teufelsabbiss. Auf feuchten Standorten haben sich die Raupen des europaweit geschützten Goldenen Scheckenfalters auf die Blattrosetten von Succisa pratensis spezialisiert. Die Ortstreue dieses Falters sowie seine Bindung an spezielle Raupennahrungspflanzen wie den Gewöhnlichen Teufelsabbiss sind der Grund für seine Seltenheit.
Verwendung
Der Gewöhnliche Teufelsabbiss findet Verwendung als Gartenpflanze. Er sollte jedoch nicht der Natur entnommen werden. Saatgut und Stauden der Art sind beim Garten- und Pflanzenversand erhältlich. Um den Lebensraum Moor zu erhalten, sollte beim Kauf darauf geachtet werden, dass die Pflanzen in torffreiem Substrat kultiviert wurden. An mageren, feuchten und hellen Standorten im Garten kann der Gewöhnliche Teufelsabbiss gut gedeihen und bis zu einem Meter hoch werden. In wenig gedüngten Staudenbeeten und Pflanzenkübeln erweist sich die Art als konkurrenzfähig und ausdauernd. Die jungen Triebe können beispielsweise roh in Salaten verwendet werden.
Als Heilpflanzen war der Gewöhnliche Teufelsabbiss bereits im 15. Jahrhundert bekannt. Er wird zur Blutreinigung, bei Nierenschwäche sowie bei Bronchitis eingesetzt. Verwendet werden Kraut und Wurzeln der Pflanze, die Saponine, Gerb- und Bitterstoffe (z.B. Glykoside) enthalten. Der Gewöhnliche Teufelsabbiss ist heutzutage unter anderem in Fertigarzneimitteln wie beispielsweise Blutreinigungstees enthalten. Die Homöopathie nutzt die Pflanze zur Wundheilung von chronischen Hautleiden wie Geschwüren und Ekzemen.
Gefährdung und Schutzmaßnahmen
Succisa pratensis steht in vielen Ländern auf der Roten Liste gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen. Hauptursache für den Rückgang ist die großflächige Intensivierung von Feuchtgrünland, die in vielen Bereichen infolge von Düngereintrag auch die letzten Magerstandorte vernichtet hat. Als Schutzmaßnahme auf verbliebenen Reliktstandorten des Gewöhnlichen Teufelsabbisses sollte eine Düngung unterbleiben und ein Nährstoffeintrag aus benachbarten Flächen verhindert werden. Bei einer Nutzungsaufgabe von Offenland an Grenzstandorten ist jedoch eine regelmäßige Biotoppflege, z.B. durch Beweidung oder Mahd erforderlich, um eine Verbuschung zu verhindern. Nicht zuletzt aufgrund des hohen Wertes der Pflanze als Nahrungsquelle für bedrohte Falterarten sollte lediglich einmal im Jahr – nach der Blütezeit – gemäht werden.
Text: Loki-Schmidt-Stiftung und | naturschutzbund | Österreich