Dass landwirtschaftliche Flächen – wie Getreideäcker – seltene und gefährdete Pflanzenarten beherbergen können, ist für viele Menschen überraschend. Eine der seltensten Arten der heimischen Segetalflora (Ackerbegleitpflanzen) ist der Acker-Schwarzkümmel mit seinen kompliziert aufgebauten Blüten und seiner ausgefeilten Blütenbiologie. Die Pflanze ist eine unserer attraktivsten Ackerwildkräuter, ihre blaublühende Verwandte Nigella damascena (Jungfer im Grünen bzw. Gretl in der Stauden) ist eine beliebte Zierpflanze.
Verbreitungsgebiet und Lebensraum
Die Heimat des Schwarzkümmels liegt im östlichen Mediterranraum, wo es rund 20 Arten aus dieser Gattung gibt. Als in der Jungsteinzeit die Ackerbauern aus dem Vorderen Orient nach Mitteleuropa einwanderten, rodeten sie Wälder, legten regelmäßig umgepflügte Äcker an und schufen so Habitate, die davor nicht vorhanden waren. Auf diesen offenen Bodenstellen konnten sich einjährige spezialisierte Arten ansiedeln. Zu dieser Zeit trug der Mensch durch die Umgestaltung und kleinteilige Gliederung der Landschaft dazu bei, die Artenvielfalt zu erhöhen. Der Acker-Schwarzkümmel, ein Hahnenfußgewächs, begleitet den Menschen in Mitteleuropa seit ungefähr 4.500 Jahren. Als für die Landwirtschaft harmloses 15–45 cm hohes Beikraut lebt es in Getreideäckern über kalk- und skelettreichen Böden. Mit Hilfe seines über 80 cm in den Boden reichenden Wurzelsystems kann die Pflanze auch an trockenen Standorten gut gedeihen.
Gefährdung
Ab Beginn der Industrialisierung ging die Biodiversität in Mitteleuropa wieder kontinuierlich zurück. Die Bestände des Acker-Schwarzkümmels brachen seit den 1960er Jahren aufgrund des landwirtschaftlichen Herbizideinsatzes drastisch ein. Einst war die Pflanze in ganz Österreich verbreitet. Heute ist sie nur noch im Osten Österreichs anzutreffen, v.a. im Wiener Becken und im Nordburgenland, wo sie laut Roter Liste als „stark gefährdet“ eingestuft ist. Die Art ist aber kaum mehr in Äckern zu finden, da diese heutzutage zur Ertragssteigerung viel dichter mit Getreide bestockt werden als in früherer Zeit, was der lichtbedürftigen Pflanze den Lebensraum entzieht. Rückzugsorte des Schwarzkümmels sind nun Ackerränder, Böschungen, Brachen und Kulturbrachen wie aufgelassene Schottergruben.
Blütenbiologie
Windbestäubte Arten wie Gräser und Nadelgehölze „verschwenden“ energetisch wertvollen Pollen, von denen der meiste an ungeeignete Plätze verweht wird. Insektenbestäubte Arten wie der Acker-Schwarzkümmel sind im Laufe der Evolution eine Symbiose mit Tieren eingegangen, die den Pollentransport wesentlich zielgerichteter übernehmen und im Gegenzug dafür meist Nektar und/oder Pollen als Futter erhalten. Aber auch dabei kann es zu Verlusten kommen, u.a. indem der Pollen auf einer anderen Art oder auf der Ursprungspflanze landet oder indem Nektar von „Unbefugten“, die gar nichts zur Befruchtung beitragen, entwendet wird.
Beim Schwarzkümmel hat sich im Laufe der Evolution ein ausgefeilter Blütenaufbau entwickelt, der die Bestäubung optimiert.
Text von Stefan Lefnaer unter Mitarbeit von Luise Schratt-Ehrendorfer (gekürzt)
Ernannt von: Naturschutzbund gemeinsam mit Verein zur Erforschung der Flora Österreichs http://www.flora-austria.at/
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