2011: Mauereidechse

(Podarcis muralis)

Blickt man auf das Verbreitungsgebiet der Mauereidechse, könnte man meinen, das kleine Reptil sei ein Weinliebhaber. Es sind die sonnig-trockenen Berghänge, an denen die Trauben am besten gedeihen, die auch der Mauereidechse eine Heimat bieten. Tatsächlich ist die heutige Verbreitung der Mauereidechse in Europa auf die Römer zurückzuführen, die durch das Anlegen der Weinanbaugebiete in ganz Europa ideale Lebensräume für die Echsen schufen.

Mauereidechse © Peter Mayerl
Merkmale
Die Mauereidechse ist eher unscheinbar. Für gewöhnlich kann man sie an ihrem braunen Rücken mit dunklem Mittelstreifen erkennen. Zudem ist sie hell gefleckt und hat breite Seitenstreifen. Doch es gibt auch sehr unterschiedlich gefärbte Tiere, die mit einer stark grünlichen Färbung fast wie Smaragdeidechsen aussehen. Die Kehle ist stark schwarz bis rostbraun gefleckt. Die schlanke Eidechse hat einen verhältnismäßig langen Schwanz, der ihr beim Klettern hilft. Bei fünf bis 7,5 Zentimetern Körperlänge ist der Schwanz knapp doppelt so lang wie der eigentliche Körper.
 
Verbreitung
Die Mauereidechse ist in West-, Mittel- und Osteuropa verbreitet.
 
Lebensraum und Nahrung
Das schlanke Reptil lebt in Mauerritzen und Felsspalten. In Mitteleuropa mag sie die für Eidechsen typischen sonnigen und trockenen Biotope. Im südlichen Verbreitungsgebiet zieht sie aber die höheren und kühleren Gebirgslagen, sowie relativ feuchte und schattige Umgebungen (Laubmischwälder, Berghänge) den heißen Gebieten vor. Mauereidechsen ernähren sich von Kleintieren wie Insekten, Spinnen, anderen Gliedertieren, Würmer und Schnecken.
 
Fortpflanzung
Die Paarungszeit der Mauereidechsen erstreckt sich von März bis Juni. Vor allem in dieser Zeit verteidigen die Männchen ihre Reviere mit zum Teil heftigen Kämpfen und Beißereien. Die Eier werden zwischen Mai und Juli im Erdboden oder unter Steinen abgelegt. Ein Paar hat bis zu drei Gelege pro Jahr. Nach zwei bis drei Monaten schlüpfen die Jungen.
 
Gefährdung
In den Weinbergen und an Bahntrassen sind die Mauereidechsen zu Hause, doch die Modernisierung des Weinanbaus und der Rückgang von Trockenmauern sorgen für einen teilweise dramatischen Habitatschwund.
 
Schutzstatus
Aufgrund des mittelfristigen Areal- und Bestandsrückgangs sowie der schlechten Zukunftsaussichten wurde die Mauereidechse in der EU-weit gültigen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) als streng zu schützende Art in den Anhang IV aufgenommen.
Die Mauereidechse liebt sonnig-trockene Berghänge, an denen oft Weinbau betrieben wird. Tatsächlich ist die heutige Verbreitung der Mauereidechse in Europa auf die Römer zurückzuführen, die durch das Anlegen der Weinanbaugebiete in ganz Europa ideale Lebensräume für die Echsen schufen. So konnten sich die Tiere weit ausbreiten. Doch nicht nur Weinberge, auch Bahntrassen bieten mit ihren trockenen, steinigen Böden gute Lebensbedingungen.
Doch ganz freiwillig suchte die unscheinbare Echse die vom Menschen geprägten Habitate nicht auf. Der Schwund ihrer natürlichen Lebensräume wie die Abbruchkanten in Flusstälern, Schotterbänke an naturnahen Flüssen oder auch lichte Laubwälder, zwang sie dazu, sich neuen Umgebungen anzupassen. Doch nun sind auch diese Ersatzlebensräume in Gefahr.
Die Mauereidechse ist besonders durch die Flurbereinigung in den Weinanbaugebieten und den Um- und Ausbau von Bahnstrecken gefährdet. Der zunehmende Schwund ihrer Lebensräume und die damit einhergehende Gefährdung ihrer Art hat die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde dazu bewogen, sie zum „Reptil des Jahres 2011“ zu ernennen. Österreich hat sich dieser Entscheidung angeschlossen.
Das wendige Kriechtier ist dank seiner kräftigen Beine mit langen Zehen und einem Schwanz der gut doppelt so lang ist wie sein restlicher Körper ein ausgezeichneter Kletterer. Angepasst an ihren Lebensraum ist die verhältnismäßig kleine Echse schlank und ihr Körper abgeflacht. Mit ihrer meist braunen Zeichnung ist die Echse auf Mauern und Felsen gut getarnt. Doch ihre Rückenfärbung kann variieren. Manche Populationen sehen den grünlichen Smaragdeidechsen zum Verwechseln ähnlich.
 
Feinde
Doch in den dunklen, geschützten Nischen der Gemäuer sind die Eidechsen nicht die einzigen Jäger. Auch Schlingnattern nutzen diesen Lebensraum. Vor ihnen müssen sich insbesondere die jungen Eidechsen hüten. Nicht selten fallen sie den Schlangen zum Opfer. Ausgewachsene Echsen sind eine wichtige Beute für Greifvögel, wie Turmfalken und Mäusebussarde, aber auch für Neuntöter und Rabenkrähen. Doch wenn die Bestände der Mauereidechsen weiterhin schrumpfen, werden sich die Vögel nach anderen Leckerbissen umsehen müssen.
So weit soll es nicht kommen. Um den aktuellen Entwicklungen entgegen zu wirken, müssten ursprüngliche Lebensräume der Mauereidechse, wie lichte Laubwälder und offene Felsen, erhalten und langfristig gesichert werden. Nur wenn Weinberglagen weiterhin traditionell bewirtschaftet werden, können diese auch den seltenen Echsen eine Heimat bieten. Neben den Hanglagen müssen andere wertvolle Habitatstrukturen wie Trockenmauern, Steinriegel und freie Felsabschnitte erhalten beziehungsweise wieder hergestellt werden.
 
  Pressefoto: © Peter Mayerl

 

Zurück

.